Kohlenhydrate: Wie wichtig ist der glykämische Index?
Kohlenhydrate haben einen schlechten Ruf. Sie sind als Dickmacher gebrandmarkt und als Verursacher von Erkrankungen wie Adipositas oder Diabetes verschrien. Dabei sind Kohlenhydrate wichtig für unseren Körper. Neben Energie liefern kohlenhydratreiche Lebensmittel meist auch Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe. Einige Ernährungsexperten (darunter auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.) empfehlen daher, mehr als 50 % unseres täglichen Kalorienbedarfes über Kohlenhydrate zu decken. Welche Rolle in diesem Zusammenhang der glykämische Index spielt, erklären wir dir in unserem heutigen Blogbeitrag.
Kohlenhydrate sind nicht gleich Kohlenhydrate
Soll man Kohlenhydrate also vom Speiseplan verbannen oder kräftig zulangen? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns die Gruppe der Kohlenhydrate einmal genauer anschauen. Denn Kohlenhydrate sind nicht gleich Kohlenhydrate. In diesem Zusammenhang fallen oft die beiden Begriffe schlechte und gute Kohlenhydrate. Zur ersten Gruppe gehören z. B. Haushaltszucker (die sogenannte Saccharose), Glucose (Traubenzucker) oder Weißmehl. Gute oder sogenannte komplexe Kohlenhydrate liefern hingegen Vollkornprodukte, Gemüse und Hülsenfrüchte. Diese verdaut der Körper langsamer, wodurch auch der Blutzuckerspiegel langsamer ansteigt und wir länger satt sind. Schlechte Kohlenhydrate werden bei der Verdauung hingegen rasch zerlegt und lassen den Blutzuckerspiegel stark ansteigen. Leider kommt dadurch auch schnell der Hunger zurück.
Glykämischer Index und Glykämische Last
Immer wenn es um gute und schlechte Kohlenhydrate geht, taucht früher oder später ein Begriff auf: Der Glykämische Index (GI). Er ist wichtiger Bestandteil von Diät-Trends wie der Montignac- und Logi-Methode oder der Glyx-Diät. Der Glykämische Index gibt an, wie stark ein kohlenhydrathaltiges Lebensmittel den Blutzuckerspiegel beeinflusst. Weißmehl oder Traubenzucker besitzen z. B. einen hohen Glykämischen Index und lassen den Blutzucker schnell ansteigen.
Hilft der GI also, die guten von den schlechten Kohlenhydraten zu unterscheiden? Leider nur begrenzt, denn zu seiner Berechnung wird lediglich die Menge des Lebensmittels berücksichtigt, die 50 Gramm Kohlenhydrate enthalten. Bei Wassermelonen braucht man da etwa ein Kilo, bei Brot aus Weißmehl reichen schon 100 Gramm. Beide Lebensmittel haben jedoch fast den gleichen Glykämischen Index. Hier zeigt sich die Schwäche des GI: Die typische Verzehrmenge eines Produktes wird bei der Berechnung nicht berücksichtig. Leider lässt sich daher mit dem Glykämischen Index in der Praxis nicht so wirklich was anfangen. Aussagekräftiger ist da schon die Glykämische Last (GL). Diese berücksichtigt auch die Kohlenhydrate pro Portion, wodurch sich die verschiedenen Lebensmittel viel besser vergleichen lassen.
Lebensmittel | Glykämischer Index | Glykämische Last (pro Portion) |
Haushaltszucker | 65 | 7 |
Orangensaft | 50 | 12 |
Karotten | 39 | 2 |
Kartoffeln | 82 | 9-25 |
Wassermelone | 80 | 5 |
Cornflakes | 81 | 20 |
Weißbrot | 75 | 11 |
Cashew-Nüsse | 25 | 3 |
Warum ist ein hoher Glykämischer Index schlecht für unseren Körper?
Ein hoher Glykämischer Index ist gleichzusetzen mit einem hohen Blutzuckerwert und somit auch mit einer hohen Insulinausschüttung. Denn: Um die Glucose aus dem Blut aufnehmen zu können, benötigen die Körperzellen Insulin. Die Bauchspeicheldrüse schüttet das Hormon nach dem Verzehr einer kohlenhydratreichen Mahlzeit aus und der Blutzuckerspiegel sinkt. Eigentlich ein perfekter Regelkreis. Wären da nicht unsere heutigen Ernährungsgewohnheiten: Süße Getränke, Weißmehl, Zucker und Co lassen den Blutzuckerspiegel und damit auch die Insulinausschüttung ständig in die Höhe schießen. Gleichzeitig bewegen wir uns zu wenig und verbrauchen die zugeführte Energie nicht. Übergewicht und Diabetes Typ 2 sind die Folge. Daher ist es nicht verwunderlich, dass eine Ernährung mit einem hohen Glykämischen Index das Risiko für Übergewicht und Diabetes Typ 2 erhöhen soll. Eindeutige wissenschaftliche Belege gibt es dafür aber nicht.
Fazit: Wie wichtig ist der GI für unsere tägliche Ernährung?
Neben dem GI oder der GL eines einzelnen Lebensmittels spielt auch die Gesamtzusammensetzung der verzehrten Mahlzeit eine Rolle. Fett, Eiweiß und Ballaststoffe beeinflussen nämlich ebenfalls die Kohlenhydrataufnahme und damit den Blutzuckerspiegel. Auch die Zubereitungsart wirkt sich auf den GI aus: Pommes frites besitzen z. B. einen viel höheren Glykämischen Index als gekochte Kartoffeln. Der Glykämische Index ist zudem keine feste Größe, sondern schwankt von Person zu Person.
Unser Fazit: Für eine ausgewogene Ernährung muss man sich sicher nicht an irgendwelche GI- oder GL-Tabellen halten. Komplexe Kohlenhydrate (z. B. in Gemüse, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten) liefern uns wichtige Nährstoffe und sollten auf keinem Teller fehlen. Wer dazu auf Zucker, Weißmehl und verarbeitete Produkte verzichtet, macht in Sachen Kohlenhydrate alles richtig.
Quellen:
- www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/kohlenhydrate-ballaststoffe/
- www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/schlankheitsmittel-und-diaeten/glykaemischer-index-gi-und-glykaemische-last-gl-11176
- DGE Stellungnahme. Glykämischer Index und glykämische Last – ein für die Ernährungspraxis des Gesunden relevantes Konzept? Ernährungs Umschau 2013, 1:M26-38